Donnerstag, 7. November 2013

Pride Goes Before a Fall

Shout it, go on and scream it from the mountains, go on and tell it to the masses
(All Sons & Daughters - All The Poor And Powerless)

Hey ihr!

Ich habe eine Woche voller Aktivitäten hinter mir. In der Schule hatten wir Homecoming. Dafür durften wir uns am Mittwoch wie unser Lieblingscharakter verkleiden und am Donnerstag war Throw-Back-Thursday. Leider haben nicht alle Schüler mitgemacht und die Tage nur genutzt, um nicht-dress-code-konforme Sachen zu tragen. Ich hatte am Mittwoch eine meiner bunten Haremshosen an. Am Donnerstag hatte ich bunte Hotpants mit bunten Leggins, hochgezogene bunte Socken mit Sportschuhen und ein Shirt mit Peace-Zeichen an und mein Haar als Pferdeschwanz oben an der Seite mit Haarband - ganz im 80er-Style!

Meine Gastschwester und ich gingen am Donnerstagnachmittag wie gewohnt nach Hause und kamen dort gleichzeitig mit meiner Gastmama Lori an, die von der Arbeit kam. Ihr ist dann aufgefallen, dass Jerrys Auto vor der Tür steht, obwohl er eigentlich immer später nach Hause kommt. Als wir ins Wohnzimmer kamen, saß Jerry auf dem Sofa und starrte auf irgendwelche Formulare. In dem Moment merkte ich: Etwas war falsch. Er erzählte uns, dass seine Position in der Firma gecancelt worden war und er deshalb seinen Job verloren hatte - von jetzt auf gleich. Ich war mega geschockt, vor allem, da ich keine Ahnung hatte, was das für die Familie bedeutet. Nur eins war mir klar: Hier würde sich demnächst einiges ändern. Nachdem ich mich umgezogen hatte und wieder nach unten kam, war irgendwie alles normal. Ich dachte, wir würden sowas wie ein Krisengespräch halten oder zumindest die Lage in anderer Weise für alle klären, aber so macht man das hier anscheinend nicht. Auch auf Anfrage kamen nur knappe Antworten, deshalb beließ ich es fürs Erste dabei. Wahrscheinlich traf es die Anderen noch viel schwerer als mich. Wir sahen gemeinsam die Nachrichten, die von einer Turnadowarnung handelten. Lori und ich fuhren zu Chickfil-A um dort mit dem YFU-Koordinator und seinem Austauschschüler zu Abend zu essen. Da ich gemeinsam mit ihnen nach Atlanta fahre, mussten wir ein paar organisatorische Dinge klären. Als wir auf dem Weg nach Hause in die Nachbarschaft einbogen war es schon Dunkel und ich erwartete alle möglichen Moster und Ungeheuer auf der Jagdt nach Süßigkeiten, es war schließlich Halloween. Doch keiner war auf den Straßen. Lori erzählte mir: Halloween war wegen des Sturms auf den nächsten Tag verschoben worden.

Zuhause bastelte ich an meinem schwarz-goldenen Tutu für den Spirit-Day am Freitag. Dafür schneidete ich schwarze und goldene Streifen Tüll zurecht und knotete sie danach im Wechsel an schwarzes Geschenkband. Als das ganze Band voll war, strich ich die Stoffstreifen nur noch glatt und fertig war mein Outfit!
Bevor ich ins Bett ging, hatte ich das Gefühl, etwas zu vergessen. Da fiel mir auf, dass ich ja fürs Church Camp gepackt haben musste. Also musste ich noch meine Wäsche waschen und alles zusammensuchen. Viel Zeit zum Schlafen blieb leider nicht mehr.

Da Jerry nun nicht mehr arbeitet, kann er uns zur Schule fahren. Am Freitag war Homecoming.
Um neun Uhr am Freitag ging es mit der Homecomingparade vor der Schule los. Alle Stufen hatten ihren eigenen Wagen, die verschiedenen Sportteams, die in der Saison aktiv gewesen waren, liefen mit und alle Clubs repräsentierten sich und warfen Süßigkeiten. Die Homecoming-Königinnen saßen in hübschen Ballkleidern auf der Rückband von schicken Cabrios, die von ihren Jungs gefahren wurden, und winkten und fühlten sich wie die Queen.
Nach der Parade fand eine Pep-Ralley in der großen Turnhalle statt. Dafür platzierten sich alle Schüler nach Stufen aufgeteilt auf den Tribünen und feierten. Die Band machte Krach, laute Partymusik lief und die Cheerleader machten Flick-Flacks und andere coole Sachen. Nachdem die Footballspieler eingelaufen und eine Rede gehalten hatten, warum sie das Homecomingspiel gewinnen werden, hat das Dance-Team und das Step-Team performt. Danach haben die Seniors mal wieder den Wettbewerb gewonnen, welche Stufe am lautesten cheeren kann. Eigentlich waren die Sophomores lauter, doch die Seniors gewinnen immer aus Tradition. Am Ende hat sich eine der Cheerleaderinnen verletzt, während sie einen Backflip gemacht hat. Alle waren super geschockt, da wir zusahen, wie sie kopfüber auf den Boden geprallt ist. Später hat sich rausgestellt, dass sie 'zum Gluck nur' eine leichte Gehirnerschütterung hat und zwei der Schneidezähne raus waren.
Den Rest des Tages saß ich in meinen Klassen und wartete auf Schulschluss. Eine meiner Lehrerinnen war noch nicht mal da. Alle fünf Minuten klingelte das Telefon, weil irgendwer früher abgeholt wurde. Leider erlaubte Jerry mir das nicht.

Zuhause angekommen aß ich einen Snack, nahm meinen gepackten Koffer und fuhr mit Sara zur Kirche. Natürlich wollte mich das Gefühl nicht verlassen, dass ich etwas vergessen hatte.
Eineinhalb Stunden nach der vereinbarten Zeit verließ unser Bus die Kirche und brach auf zum Hillmont Christian Camp, 35 Meilen westlich von Nashville. Wir schauten den Zeichentrickfilm 'Flush Away' und kamen gegen sieben Uhr auf dem Gelände an. Es war sehr weitläufig und befand sich mitten in der Natur. Leider sahen wir sonst nicht viel, da es stockduster war. Die Mädchen und Jungs brachten ihr Gepäck in die auf den entgegen gesetzten Seiten des Platzes (Betonung: entgegen gesetzt! Hahaha. Amerikaner, kopfschüttel) gelegenen Holzhütten, in denen sich unsere Betten und Waschräume befanden. Danach gab es Abendessen. Es war mit das beste Jugendherbergen-Essen was ich je auf einem Trip erlebt habe! Es gab Spaghetti und als Nachtisch Eis, dazu konnte man sich am Buffet einen Salat aus allem über Käse, Schinken, Ei, Tuhnfisch, Tomaten, Bohnen, Pilzen und Croutons zusammenstellen. Dazu gab es 6 verschiedene Dressings, ich habe aber immer Honey-Mustard genommen, weil mir der so gut geschmeckt hat. Danach hatten wir Zeit, unsere Betten zu beziehen und uns frisch zu machen.

Später in der Kirche hatten wir einen Gottesdienst, in dem es um 'Wie sehen Andere uns?' - und in wie weit machen wir uns darum Sorgen - ging. Nach dem Gottesdienst waren wir in der Turnhalle und haben ein paar Spiele gespielt und sind danach raus gegangen und haben Fangen wie früher gespielt. Leider hab ich mich an der Hand verletzt, als ich mich mit dieser an einer Holzwand abstoßen wollte. Es blutete die ganze Zeit, aber es tat nicht weh. Eigentlich habe ich es erst gar nicht bemerkt, da es draußen kein Licht gab. Erst als wir zurück in die Turnhalle kamen, viel es mir auf und Hunter, einer der Teamer, hat es desinfiziert und verbunden. Später sind wir in Kleingruppen auf eine Nachtwanderung entlang eines kleinen Pfades in der Nähe der Unterkunft gegangen. Ein Teil der Jungs hatte sich vorher im Wald verteilt versteckt und uns erschrocken. Es war super gruselig.
Die Nacht war eine der schlimmsten in meinem Leben. Zuerst konnte ich nicht schlafen, was für mich schon ungewöhnlich ist. Dann wurde mir kalt und einfach nicht mehr warm. Um vier Uhr morgens schaute ich auf die Uhr und konnte nicht glauben, dass ich schon die hälfte Schlaf verpasst hatte. Ich zog mir noch einen weiteren Pulli an und schlief bis sieben Uhr, immer hin.

Nach einer langen Dusche auf der höchsten Wärmestufe, ging es mir schon viel besser und ich war bereit fürs Frühstück. Ich kam nach draußen auf die Veranda und sah:


Es war ein wundervoller Morgen! Die Sonne schien, der Himmel war knallblau, das Licht spiegelte sich in den herbstgefärbten Blättern der Bäume und es war kühl, aber nicht all zu kalt. Der Duft von frisch gebackenen Biscuits (süße Frühstücksbrötchen, ich hatte noch nie so viele ü, ß und ö auf einmal...) lag in der Luft und die Anderen waren auch schon draußen und genossen den Morgen. Nach dem Beten gingen wir zum Essen. Es gab Eier und Speck, Biscuits, Müsli, Jogurth, Marmelade, Kaffe und Orangensaft.
Wir hatten den Vormittag zur freien Verfügung, also sind Colbe, Josh, Hannah, ein paar Andere und ich zu einem See, den wir auf Google Maps in der Nähe unserer Unterkunft ausgemacht hatten, losgezogen. Es ging wortwörtlich quer durch den Wald, da kein Weg dort hin führte. Der See war wundervoll! Er lag mitten im Wald zwischen all den farbenfrohen Bäumen, die sich im Licht auf dem Wasser spiegelten. Vom See zweigte ein kleiner Bach ab, der in kleinen Wasserfällen das Tal hinunter lief. Die Jungs sind schwimmen gegangen, aber leider hatte ich keine Badesachen dabei. Natürlich hatten sie kein Handtuch mitgenommen und froren dann als sie aus dem eiskalten Wasser heraus kamen. Der Weg bergauf zurück zum Camp hat alle wieder aufgewärmt.
Da das Wetter perfekt war, gingen Kristin und ich auf die große Wiese am Eingang des Camps und machten ein paar Fotos. Bevor wir zum Gottesdienst gingen, sonnten wir uns noch ein bisschen. Der Gottesdienst handelte diesmal von 'Wie sehen wir uns?'.
Danach gab es Mittagessen: Hamburger mit Pommes und Schokokuchen als Nachtisch, dazu Salat. Nach dem Essen haben wir Volleyball und Powder Puff gespielt. Powder Puff ist American Football für Mädchen. Das heißt wir waren auf dem Feld und die Jungs spielten Cheerleader an der Seite. Es war super cool! Am Ende stand es nicht ganz fest, aber unser Team hat entweder gewonnen oder es war Gleichstand.
Der dritte und letzte Gottesdienst der Reihe handelte von 'Wie sieht Gott uns?'. Danach gab es Abendessen: Chicken mit Kartoffelpüree und Erbsen, dazu braune Soße und Salat und für jeden als Nachtisch einen Riesen-Schokocookie.
Als Abschluss haben wir gemeinsam den Film 'To Save A Life' geguckt. Es geht um die Zeit nach dem Selbstmord von Jakes früherem besten Freund und wie er damit umgeht und sein Leben verändert, um die Leben Anderer zu retten. Ich fand den Film sehr interessant und tiefgründig. Um an die Bedeutung des Filmes anzuschließen, sind wir jeder für sich auf eine Art Ralley nach draußen gegangen, die durch eine kleine Kapelle im Wald führte, in der es Abendmahl gab und später an einem großen Lagerfeuer in der Mitte einer Steinsitzecke endete, die wie ein kleines Amphitheater aussah.
Bevor sich alles auf die verschiedenen Hütten aufgeteilt hatte sprach ich mit Shane, unserem Youth Pastor, und fragte ihn, ob wir das Hauspersonal nach einer dicken Bettdecke für mich fragen könnten. Er meinte, ich könnte seine haben, da ihm in der Nacht zuvor sowieso zu warm gewesen war. Ein Junge der unser Gespräch mitbekam zog seinen Pulli (mitten in der Nacht, draußen in der Kälte) aus und gab ihn mir. Ich war eindeutig gewappnet für die Kälte. Lektion gelernt: Man muss nur den Mund aufmachen, Menschen können helfen!
Zusätzlich drehte ich die Heizung noch ein bisschen auf und schlief sogar ziemlich lange super gut, eingekuschelt in zwei Decken und einem Pulli. Da wir in dieser Nacht die Uhren umgestellt haben, hatten wir sogar eine Stunde länger.
Nach dem Frühstück (Sausage & Pancakes) ging es mit dem Bus wieder zurück zur Kirche, wo mich meine Familie in Empfang genommen hat. Da wir schon früher als gedacht zuhause waren, konnte ich noch (per Skype) in die Familiengeburtstagfeier meiner Oma reinplatzen und ihr gratulieren! Es war schön mal wieder mit allen Verwandten aus Deutschland zu quatschen.
Abends war ich den Jungs vom Track im Kino. Es lief Ender's Game, ein Science-Fiction-Film. Zuerst war ich skeptisch, aber die Anderen wollten ihn unbedingt sehen. Der Film ist der Hammer!

Am Montag hatte ich das erste Mal Track-Training mit den Jungs als einziges Mädchen. Da wir seit dieser Woche angefangen haben, getrennt zu trainieren, haben sich die Zeiten verändert und die für die Mädchen lägen genau wenn ich Tanzen hätte. Also muss ich da wohl durch. Es war super hart. Die Jungs sind alle stark und schnell und ich hing die ganze Zeit hinterher. Und dann kommen Kommentare vom Trainer 'Don't be a girl, Leonie!'. Haha, sehr lustig!
Ich kam zuhause kaum die Treppenstufen hoch. Aber keine Müdigkeit, denn ich musste mich beeilen, da ich, bevor es dunkel würde, durch unsere Nachbarschaft laufen und für unseren Fundraiser (Laufevent um Geld für das Team zu sammeln) für Track werben und Spenden sammeln wollte. Gemeinsam mit einem vom Team, der das schon öfter gemacht hat und daher wusste wie es geht, bin ich für zwei Stunden rumgelaufen, habe an Häusern geklingelt, mit Hundebesitzer und selbst laufend mit Läufern geredet und zusammen hatten wir am Ende 120 Dollar!
Am Dienstag haben die Juniors einen großen Test geschrieben. Ich habe währenddessen drei Filme gesehen: The Blind Side, Lord of the Rings und Forrest Gump. Einer meiner effektivsten Tage hier.
Nach dem Tanzen habe ich Schoko-Muffins und Peanut-Butter-Cookies gebacken.
Am Mittwoch hatte ich wieder Track. Wir waren im Gewichteraum und ich habe mir an den Hanteln meine Wunde an der Hand vom Church Camp wieder aufgeschürft, dabei war sie grade dabei gewesen zu heilen.
Zuhause angekommen war wieder nicht an Ausruhen zu denken. Nach einer schnellen Dusche ging es ab zur Kirche, wo ich die Muffins und Cookies für Track verkauft habe und das Geld für die Anmeldungen zum Fundraiser eingesammelt habe.

Heute in der Schule bin ich zu meiner Beratungslehrerin gegangen und habe gesagt, dass ich nächstes Semester für die Schule arbeiten möchte, da ich Angst habe, zu verfaulen und dann in Deutschland nicht mitzukommen. Wir haben meinen Stundenplan nun angepasst. Ich habe einen AP-History Kurs, was 'Advanced Placement' bedeutet. Ich bin sehr gespannt, wie das dann aussieht.
Bei meinem Track-Coach habe ich heute schon das Geld, das ich gesammelt habe, abgegeben, da ich morgen nicht in der Schule bin: 198.05 Dollar!
Außerdem hatten wir ein Senior-Meeting, in dem es um alles mögliche Zeug ging, womit wir unser letztes Jahr (hihi) feiern und denkwürdig machen können. Über Karten, Schlüsselanhänger, Ketten und Pullover im 2014-Style gab es auch die Bestellformulare für die Cap and Gown (Tracht, die die Leute bei der Graduation-Ceremony anhaben).

Am Montag haben wir schulfrei (for no reason). Das kommt mir besonders gut, da ich ja schon das ganze Wochenende nicht zuhause bin.
Ich habe schon gepackt und fahre jetzt gleich zu den Leuten, mit denen es morgen früh nach Atlanta geht.

Bis bald,
Leonie
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Für Fragen und Anregungen kannst du auf meiner Kommentarseite vorbeischauen! Oder die Funktion nutzen und direkt unter diesen Post schreiben. Ich freue mich über deine Meinung!
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2 Kommentare:

Ilka R. hat gesagt…

Hi Leonie!
Erst einmal ein Riesen-Kompliment für die wunderschönen Herbst-Fotos!!!!
Hier ist es leider im Moment nur grau in grau und es regnet Bindfäden.
Die Nachricht von Jerrys Arbeitsplatzverlust hat uns auch ziemlich geschockt aber anscheinend gehen die Amerikaner mit so einer Situation ja anders um ,als wir.Hoffentlich findet er bald eine neue Stelle!
Pass auf dich auf...bis bald...<3 Ilka

leo-schmeo hat gesagt…

Hey Ilka!
Dankeschön =)
Ja, das wird schon wieder.
Das hoffe ich auch!

Mach ich,
Love
Leonie

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